Nichts geht verloren, alles wird recycelt

Im Wald geht nichts verloren, alles wird recycelt. Das gilt insbesondere für Nahrung, und ich bin ein gutes Beispiel dafür! Ich ernähre mich von Insekten, insbesondere von Motten. Ihre Raupen haben sich an jungen Buchenblättern gütlich getan, und ich esse sie wiederum. Um sie zu geniessen, klammere ich mich manchmal an einen Ast, bevor ich sie schäle. Dabei hinterlasse ich einen kleinen Kot: Guano.
Das ist ein Glücksfall für die Bodenfauna, die alle diese Mineralstoffe aufnimmt und in den Lebenskreislauf zurückführt. Stickstoff wird beispielsweise von Mykorrhizen zu den Wurzeln der Bäume transportiert*, die dank dieser Nährstoffe neue Blätter bilden können! Könnte man nicht auch menschliche Exkremente verwerten?
* Weitere Informationen finden Sie unter Mykorrhiza-Pilz
Aber noch mehr...
Die Waldohreule ist ein echter Feinschmecker: Diese hauptsächlich in Wäldern lebende Fledermaus ernährt sich von Motten, aber nur von den besten Teilen: Oft findet man Fragmente von Mottenflügeln dort, wo die Fledermäuse sitzen, um sie zu verzehren. Anhand dieser Flügelfragmente lässt sich die Ernährung der Waldohreule rekonstruieren. Allerdings mit einer gewissen Verzerrung: Die kleineren Arten werden direkt verzehrt, ohne dass die Flügel entfernt werden. Die Analyse des Guano (Fledermauskot) und insbesondere seiner DNA lieferte einen umfassenderen Katalog und ermöglichte es, die Mahlzeiten der Waldohreule im Kanton Genf1 zu rekonstruieren: In wenigen Monaten wurden 687 Wirbellosenarten, darunter 366 Mottenarten, identifiziert. Dafür waren jahrzehntelange Untersuchungen erforderlich, um die bis dahin im Kanton Genf bekannten 1800 Arten zu erfassen. Unter den im Fledermauskot nachgewiesenen Arten waren 17 in der Region bisher unbekannt. Fledermäuse sind somit ein sehr wirksames Mittel zur Abschätzung der Biodiversität nachtaktiver Insekten.
Untersuchungen der Ernährung von Fledermäusen zeigen, dass sie sich bevorzugt von Insekten ernähren, die sich schnell vermehren, und somit einen wichtigen Beitrag zum Gleichgewicht der Ökosysteme, insbesondere in Wäldern, leisten. Die Untersuchung dieser Wechselwirkungen zwischen Raubtieren und Beutetieren gibt auch Aufschluss über die komplexen Nahrungsketten, die sich in Waldökosystemen entwickeln.
Neben ihrer Bedeutung als Insektenregulatoren produzieren Fledermäuse viel Guano und tragen so zur Rückführung von Mineralstoffen in den Kreislauf bei. Der Baum produziert ein Blatt, das von einer Schmetterlingsraupe gefressen wird, die wiederum von einer Fledermaus gefressen wird, die die Reste ihrer Mahlzeit in Form von Guano ausscheidet, der in den Boden zurückkehrt: Die Nährstoffe werden so freigesetzt und ermöglichen das Wachstum der Bäume. Der Kreislauf ist geschlossen!
Fledermausguano ist ein anerkannter und sehr begehrter Dünger, insbesondere für den Gartenbau. In unserer Gesellschaft werden nur wenige Abfälle recycelt. Angefangen bei Exkrementen, die nicht verwertet, sondern einfach ins Wasser geleitet werden: In der Schweiz verbrauchen wir pro Tag und Person etwa 40 Liter Wasser für die Toilette2. Mit Trockentoiletten lässt sich der tägliche Wasserverbrauch in Gebäuden um mehr als ein Drittel reduzieren, wobei die Trockenmasse als Dünger wiederverwendet wird.